Ärger des Monats: Coaching-Ausbildung macht glücklich

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Der Run auf Coaching ist ungebrochen. Immer mehr Menschen wollen Coach werden und stürzen sich in ein berufliches Abenteuer. Doch der Markt ist längst gesättigt, allein vom Coaching kann kaum einer leben.

Da gibt es Tausende, die ohne jegliche Qualifikation einfach drauf los coachen – und manchmal mehr Schaden als Nutzen verursachen. Und es gibt die Abzocker, die mit raffinierten Marketing- und Verkaufstricks, Hilfesuchenden möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen und sie nicht selten verzweifelt und mit hohen Schulden zurücklassen. Und nahezu jeder Speaker ist heute auch Coach.

Und dann gibt es die, die es ernst meinen und die eine – nicht selten teure – Coaching-Ausbildung absolvieren. Auch Coaching-Ausbildungen gibt es längst wie Sand am Meer und darunter ist so manche höchst fragwürdig. Schließlich lässt sich so als Coach mehr Geld verdienen als mit einzelnen Coaching-Sitzungen.

Nun macht eine Umfrage des Coaching-Anbieters InKonstellation (Für die Studie „Coaching im Fokus“ wurden 1.480 Absolventinnen und Absolventen einer systemischen Coaching-Ausbildung befragt) auf sich aufmerksam: Das Berufsbild „Coach“ steht als Grund für eine Coaching-Ausbildung für die Teilnehmenden nicht mehr an erster Stelle. Die „Möglichkeit, andere zu coachen und damit Geld zu verdienen“ bewerteten in diesem Zusammengang nur ein Drittel mit „trifft voll zu“. Sie machen also eine Coaching-Ausbildung und wollen nicht Coach werden?

Stattdessen geht es für 65 Prozent („trifft voll zu“) um eine verbesserte Selbstreflexion und Steuerung. Auch die verbesserte Kommunikationsfähigkeit (47 Prozent) oder Selbstwirksamkeit (42 Prozent) haben deutlich höhere Zustimmungswerte. Selbsterfahrung gehört zwingend zu jeder guten Coaching-Ausbildung. Wie soll man denn andere coachen, weil man seine eigenen Prägungen, Vorurteile und Macken nicht kennt? Doch bei weitem nicht jede Ausbildung beinhaltet das.

Die Coaching-Ausbildung wird auch nicht einfach als „Fortbildung“ empfunden, heißt es weiter. Sie geht aus Sicht der befragten Absolventinnen und Absolventen mit einer „tiefgreifenden persönlichen Transformation“ einher: 82 Prozent stimmen dem Statement voll zu, dass die Coaching-Ausbildung sie persönlich weitergebracht hat. Und 84 Prozent der Teilnehmenden gaben sogar an, dass die Coaching-Ausbildung sie glücklich gemacht habe. Na bitte. Mehr über sich selbst zu erfahren, macht glücklich.

Das alles ist ziemlich seltsam. Viele wollen Coach werden, nicht etwa um andere zu unterstützen, sondern weil sie auch mehr über sich selbst erfahren möchten. Früher hat man dazu ein Selbsterfahrungsseminar besucht, heute macht man eben eine Coaching-Ausbildung. Die Frage ist, haben die angehenden Coaches das vorher gewusst oder geahnt? Ist die Ausbildung daher nur ein Vorwand, um sich selbst besser kennen zu lernen? Und steckt hinter dem Hype, selbst Coach zu werden, in Wirklichkeit häufig der Wunsch, mehr über sich selbst zu erfahren? Zumindest schadet es nicht, wenn mehr Menschen eine verbesserte Selbstreflexion haben.

Bärbel Schwertfeger Bild

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.

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