Start-ups: Schönheit bringt mehr Geld

pixabay Gerd Altmann

Gründerinnen haben oftmals Probleme bei der Beschaffung von Risiko-Kapital. Nun zeigt eine Studie, dass es attraktive Gründerinnen leichter haben, an Geld zu kommen.

Die Welt der Start-ups ist nach wie vor männlich dominiert, seien es die Gründer oder die Investoren. Und wer in welches Start-up finanziert, bleibt oftmals ein Rätsel. Dabei spielen psychologische Faktoren eine nicht unerhebliche Rolle. Das gilt besonders bei Frauen. So haben bisherige Studien gezeigt, dass weibliche Startup-Unternehmerinnen bei der Kapitalbeschaffung häufiger benachteiligt werden.

Sie werden mit bewussten oder unbewussten Vorurteilen der zumeist männlichen Investoren konfrontiert. Dazu kommt: Weniger als 20 Prozent der Investoren in der Frühphase sind Frauen. Das führt dazu, dass männlich geführte Start-ups knapp 50mal mehr Risiko-Kapital erhalten, verglichen zu weiblich geführten Start-ups.

Eine Studie des Global Center for Entrepreneurship and Innovation (GCEI-HSG) der Universität St.Gallen zeigt nun auf, dass die Attraktivität der Gründerin einen wesentlichen Einfluss auf die männlichen Investitionsentscheidungen hat. Die Studien wurde am HSG Health Span Lab in St. Gallen in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten Zürich und Notre Dame durchgeführt.

Eine Erklärung dafür ist der in der Psychologie bekannte Halo-Effekt: Er besagt, dass wir attraktiven Personen unbewusst mehr positive Eigenschaften zuschreiben  – wie zum Beispiel fachliche Kompetenz. Allerdings kann sich dieser Effekt auch ins Gegenteil verkehrt werden. „Gerade im Managementkontext wird attraktiven Frauen von männlicher Seite eher Kompetenz abgesprochen, was auch als ‘Beauty is Beastly’ bekannt ist“, sagt Robert Schreiber, Postdoktorand am GCEI-HSG. „Wir waren daran interessiert, wie sich dies in der Start-up-Szene verhält.“

Hormonproben bei Investoren

Dazu führten die Forscher führten ein Experiment mit 111 männlichen Frühkapital-Investoren aus der Schweiz und Deutschland durch. Den Probanden wurde dabei per Zufall das Video eines Pitches von ein und derselben Start-up-Idee gezeigt. Einmal vorgetragen von einer attraktiveren und einmal von einer weniger attraktiven Schauspielerin. Es handelte sich dabei um einen echten Fall. Danach mussten die Investoren angeben, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in dem Finanzierungsprozess weiterverfahren würden. Außerdem mussten sie die Kompetenz der Gründerin beurteilen und erst zum Schluss wurden sie gefragt, wie attraktiv sie die Jungunternehmerin im Video fanden.

Aus bisheriger Forschung weiss man, dass die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol und des Sexualhormons Testosteron zu einem gesteigerten Risikoverhalten führt, was sich etwa in einer erhöhten Investitionsbereitschaft niederschlagen kann. Im Experiment wurden deshalb die Cortisol- und Testosteronlevel der Probanden vor und nach dem Pitch gemessen.

Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Die attraktiveren fiktiven Unternehmerinnen hatten eine um 21 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit, Investitionen zu erhalten. Doch worauf gründet sich dieser Effekt? Ließen sich die Investoren durch die höhere Attraktivität der Gründerinnen blenden? Die Studie deutet in eine andere Richtung. Sie zeigt klar, dass die attraktiveren Gründerinnen auch als kompetenter eingestuft wurden.

„Wir konnten also nachweisen, dass der Halo-Effekt auch bei attraktiven Frauen im Start-up-Bereich wirksam ist“, sagt Schreiber. „Entgegen unseren Erwartungen hatte physische Attraktivität einen positiven Effekt.“ Es war jedoch nicht nur die als höher eingeschätzte Kompetenz, die mehr Investitionen brachte. Bei den Kapitalgebern waren die Cortisolwerte während des Pitches bei attraktiveren Gründerinnen auch signifikant stärker erhöht, was ebenfalls mit der Wahrscheinlichkeit eines positiven Entscheides korrelierte.

Venture-Capital-Szene ist gefragt

Die Erkenntnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass Schönheit und unbewusste Vorurteile eine nicht zu vernachlässigende Rolle auch bei Start-up-Investments spielen. „Nur durch eine fundierte Kenntnis dieser Prozesse können wir eine gerechtere und chancengleiche Unternehmensfinanzierung gewährleisten, unabhängig von äußerlichen Merkmalen wie Attraktivität“, resümiert Dietmar Grichnik, Professor für Entrepreneurship und Technologiemanagement an der Universität St.Gallen. Es liege nun an der Venture-Capital-Szene, sich dieser Herausforderung bewusst zu werden und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine gerechtere und ausgewogenere Investitionsumgebung zu schaffen.

Bis das passiert, dürften noch viele Gründerinnen das Nachsehen haben.

Die Studie findet man hier

Bärbel Schwertfeger Bild

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.

Diskutieren Sie mit