Fachkräftemangel: Ungenutzte Potenziale Älterer

Organisationen nutzen oft nicht die Potenziale der älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Grund sind oftmals unberechtigte Vorurteile.

Schon vor vielen Jahren durfte ich in der Schule Aufsätze über ihn schreiben. Dabei erschien er mir immer so weit weg, doch – Gefühl hin oder her – in den kommenden Jahren wird er brutaler zuschlagen als wir es uns vorstellen können. Von wem oder was ich spreche? Dreimal dürfen Sie raten. Die Rede ist … natürlich vom Demographischen Wandel.

Vielmehr möchte ich einen Blick darauf werfen, wo wir uns womöglich große Potenziale entgehen lassen könnten. Zappe ich durch diverse Talkshows, schnappe ich aktuell immer wieder vermeintliche Lösungsansätze und Schlagworte wie eine höhere Frauenerwerbsquote oder Zuwanderung auf. Ein Ansatz wird meiner Meinung nach jedoch viel zu selten diskutiert: das Erwerbspotenzial älterer Menschen.

Was ist dran an stereotypen Vorurteilen?

„Bestimmt, weil ich euch zu alt bin!“, sagte mir letztens eine Bewerberin am Telefon, als ich ihr mitteilen musste, dass wir uns nach dem Jobinterview für eine andere Kandidatin entschieden hatten. Ihr Alter hatte bei der Entscheidung wahrlich keine Rolle gespielt, sondern vielmehr ihr Abschneiden in fünf verschiedenen Kompetenzdimensionen, die wir in einer ausführlichen Anforderungsanalyse herausgearbeitet und in einem Auswahlprozess mit einem multimodalen Ansatz gemessen hatten. Dennoch machte mir diese Situation eindrücklich bewusst, dass ältere Menschen im Alltag immer wieder Diskriminierungen erfahren.

Unser Bild von älteren Menschen ist nicht selten von Vorurteilen geprägt: Sie würden weniger leisten, seien langsamer, nicht mehr kreativ genug und stellten sich bei Veränderungen am Arbeitsplatz quer. Und Personalentwicklungsmaßnahmen würden sich gar nicht lohnen, weil ein alter Hund ja keine Tricks mehr lerne. Und der Volksmund sagt das ja auch: “Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Aber: Ist da eigentlich was dran?

Die Forschung hat sich diesem Thema bereits ausführlich gewidmet und festgestellt, dass sich zum Beispiel die Ziele einer Person im Laufe ihres Lebens durchaus verändern. Bin ich in jungen Jahren vor allem darauf bedacht, mich und meine eigene Karriere zu entwickeln, neue Erfahrungen zu machen und zu wachsen, so verschiebt sich im Alter der Fokus eher auf die Sicherung des bereits Erreichten. Für besonders Interessierte lohnt sich ein Blick in weiterführende Theorien wie der Socioemotional Selectivity Theory nach Laura L. Carstensen (1995) oder der Selection, Optimization & Compensation Theory nach Paul B. Baltes et al. (1999). Diese Geschichte – wie Michael Ende so schön sagt – soll jedoch an anderer Stelle erzählt werden. Stattdessen will ich etwas konkreter auf Faktoren eingehen, die in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle spielen.

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Bei der Intelligenz müssen wir zwischen der fluiden und der kristallinen Intelligenz unterscheiden: Fluide Intelligenz bezieht sich auf…

Dennis Book, Student im Master of Science in Psychologie an der Technischen Universität Dresden. Talent Acquisition Expert bei Bosch

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