Wenn es um das Gehalt geht, lassen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch erst sehr spät die Katze aus dem Sack – sehr zum Ärger der Kandidaten. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Recruiting-Dienstleisters Softgarden, an der 4 145 Bewerber teilgenommen haben. Viele Kandidaten werden daher künstlich zu lange im Bewerbungsverfahren festgehalten, obwohl Gehaltswunsch und -angebot nicht zueinander passen.
Fast ein Drittel (31,3 Prozent) der Bewerber möchte gerne schon in der Stellenanzeige über das Gehalt informiert werden. In der Praxis ist das aber nur bei 9,7 Prozent der Bewerber der Fall. Mehr als jeder Fünfte erfährt sogar erst nach dem ersten Vorstellungsgespräch, was er verdienen würde. Bei Bewerbern mit Hochschulabschluss ist der Anteil derjenigen, die sich Angaben zum Gehalt schon in der Stellenanzeige wünschen, dabei mit 40,2 Prozent besonders groß.
Vier von zehn (39,8 Prozent) finden es zudem „nicht in Ordnung“, dass Unternehmen einen Gehaltswunsch von den Bewerbern einfordern, obwohl sie selbst nicht in ihren Stellenanzeigen preisgeben, wie viel diese Bewerber verdienen würden. Für Bewerber ist diese Nennung „ins Blaue“ mit einseitigen Risiken verbunden: 38,7 Prozent der Bewerber haben sich schon einmal durch einen zu hohen Gehaltswunsch ins „Aus“ befördert, 44,3 Prozent der Kandidaten einen zu niedrigen Gehaltswunsch geäußert und im Nachhinein festgestellt, dass für sie mehr „drin“ gewesen wäre.
Individuelle Bewerberberichte, die in der Umfrage erhoben wurden, zeigen: Arbeitgeber holen Bewerber selbst dann in den Auswahlprozess, wenn das Gehaltsangebot nicht passt. Doch diese Taktik geht nicht auf: „Ich habe einmal trotz meines angegebenen Gehaltswunsches den gesamten Recruiting-Prozess eines Unternehmens durchlaufen und anschließend ein um etwa 25 Prozent geringeres Gehalt angeboten bekommen. Das war sehr ärgerlich, denn den Zeitaufwand hätte man sich beidseitig sparen können“, berichtet ein Umfrageteilnehmer.
Die Umfrage zeigt die Fragwürdigkeit des praktizierten Vorgehens. „Arbeitgeber sollten nach Möglichkeit schon in ihren Stellenanzeigen angeben, was Bewerber gehaltlich in dem ausgeschriebenen Job erwarten dürfen,“ sagt Softgarden-Geschäftsführer Mathias Heese: „Diese Offenheit führt zu Pluspunkten beim Arbeitgeberimage und wird zudem durch eine bessere Sichtbarkeit der Anzeige bei Google belohnt.“
Die gesamte Studie steht als Whitepaper zum kostenlosen Download hier bereit.
Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.