Wie gut hybride Arbeit gelingt, hängt von den Kompetenzen zur Arbeitsgestaltung und der Vorbildrolle der Führungskräfte ab.
Die Arbeitswelt verändert sich, und mit ihr müssen auch Führungskräfte neue Herausforderungen meistern. Wie beim Bau eines Hauses müssen dabei einerseits die Fundamente und die Statik geprüft und andererseits die Nachhaltigkeit und der Wohlfühlfaktor beachtet werden.
Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass flexibles Arbeiten von zu Hause oder unterwegs für viele Beschäftigte möglich ist. Wer wann von wo aus arbeitet unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen, aber gemeinhin wird die Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeit- und Orte als hybrides Arbeiten bezeichnet (Entgelmeier et al., 2023).
Es gibt bereits wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Vor- und Nachteilen dieser flexiblen Arbeitsweise. Allerdings rücken erst allmählich die spezifischen Herausforderungen für Führungskräfte in den Fokus der Aufmerksamkeit. Dabei spielen Führungskräfte eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung digitaler und hybrider Arbeitswelten. Das Projekt „DigiLead“ der FernUniversität in Hagen beschäftigt sich mit dem Thema hybrider Führung und nimmt zwei zentrale Punkte in den Blick: die Arbeitsbedingungen der Führungskraft selbst und ihre Führungsaufgaben.
Der Rahmen muss stimmen
Um ein Haus planen zu können, bedarf es einiger Rahmenbedingungen. Dazu zählen sowohl Informationen zur Funktion des Hauses und den Vorstellungen der Auftraggeber, aber auch die Qualität der Materialien und Werkzeuge. Das trifft auch auf hybride Führung zu. Die Arbeitsbedingungen der Führungskräfte sind ein wichtiger Faktor für gesundes und entwicklungsförderliches Führen. Die sogenannte Conservation of Resources (COR)-Theorie spricht von Gewinn- und Verlust-Spiralen (Hobfoll et al., 2018). Personen streben danach, Ressourcen zu erhalten, auszubauen und Verluste zu vermeiden. Dies gilt sowohl für persönliche Ressourcen als auch für Arbeitsbedingungen wie Handlungsspielräume oder kollegiale Unterstützung. Wenn Führungskräfte viele Ressourcen zur Verfügung haben, können sie effizient in ihre Führungsaufgaben investieren und neue Ressourcen aufbauen (Stempel et al., 2023). So ist im hybriden Kontext beispielsweise eine reibungslos funktionierende Technik eine wichtige Ressource, um Feedback zeitnah und angemessen geben zu können.
Allerdings können Verlust-Spiralen entstehen, wenn Führungskräfte mit zu hohen Anforderungen oder ungenügend Ressourcen konfrontiert sind. Eine sehr hohe Arbeitsmenge der Führungskraft kann sich beispielsweise in weniger unterstützendem Führungsverhalten zeigen und mit emotionaler Erschöpfung der Beschäftigten einhergehen (Stein et al., 2020). Aber nicht nur die Auswirkungen auf die Mitarbeitenden sollten aufhorchen lassen, auch die Gesundheit und damit Leistungsfähigkeit der Führungskräfte selbst werden maßgeblich von den Rahmenbedingungen beeinflusst (Wittmers & Maier, 2023). Daher sollten die Anforderungen und Ressourcen von Führungskräften im Kontext hybrider Führung genauer betrachtet werden.
Eine Möglichkeit zur systematischen Analyse der Arbeitsbedingungen ist die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen (GBU). Wie von der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA, 2022) empfohlen, schaut man sich die gesamte Bandbreite relevanter Arbeitsbedingungen an un…
Dr. Christiane R. Stempel, Diplom-Psychologin, Wissenschaftlerin an der FernUniversität Hagen und,Head of Leadership Development bei EVAO (Evidenzbasierte Arbeitsgestaltung und Organisationsentwicklung) in Königstein.