Kampf der Generationen – Wie viel steckt hinter den propagierten Unterschieden?

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Heute wird viel über Unterschiede zwischen den Generationen diskutiert. Doch sind sie tatsächlich so bedeutsam? Und rechtfertigen sie die Bemühungen von Organisationen, ihre Arbeitsumgebungen und Praktiken an die vermeintlich unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Generationen anzupassen?

In den Medien kursieren viele Behauptungen darüber, wie sich Babyboomer, Generation X, Generation Y und Generation Z in ihren Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmalen oder Werthaltungen unterscheiden. Vielen dieser Behauptungen fehlt jedoch jegliche solide, wissenschaftliche Grundlage. Im Jahr 2012 haben David Constanza und Kollegen und Kolleginnen in „Generational differences in work-related attitudes: A meta-analysis“ eine Zusammenstellung wissenschaftlicher Studien zu Unterschieden der Generationen im Arbeitskontext veröffentlicht. Darin berichten die Autoren, dass sie bei einer initialen Google-Suche zu diesem Thema mehr als 18 Millionen Treffer erzielt haben. Tatsächlich waren es jedoch nur 20 quantitative Studien, die hochwertig genug waren, um wissenschaftlichen Standards zu genügen.

Seitdem hat sich die Forschung zum Thema „Generationenunterschiede“ intensiviert. Doch trotz der Bemühungen, hochwertige Studien durchzuführen, kämpft die Forschung nach wie vor mit Problemen, die mit dem Generationenkonzept verbunden sind und die die Aussagekraft der Studienergebnisse schmälern. Ziel dieses Beitrags ist daher, das Generationenkonzept bzw. den aktuellen Forschungsstand und seine potenziellen Auswirkungen auf die Arbeitswelt und Managementpraktiken kritisch zu beleuchten.

Ein Konzept und seine Probleme

Aus der Perspektive der Forschung bringt das Generationenkonzept insbesondere folgende zwei Probleme mit sich: Zum einen fehlt eine eindeutige Definition, zum anderen besteht eine Konfundierung mit dem Alters-Perioden-Kohorten-Problem (siehe z.B. Emma Parry und Peter Urwin in „Generational differences in work values: A review of theory and evidence“).

Problem 1: Unscharfe Definition

Eine Generation fasst Personen, basierend auf ihren Geburtsjahren (Kohorten), in Gruppen zusammen. Auf den ersten Blick macht dies natürlich Sinn, da diese Personen in einem ähnlichen sozio-kulturellen Klima bzw. einer besonderen gesellschaftlichen Periode aufgewachsen sind und daher ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Sie teilen somit ein „kollektives Gedächtnis“ (vgl. Seat Lyons und Lisa Kuron in „Generational differences in the workplace: A review of the evidence and directions for future research”). Setzt man sich jedoch genauer mit dem Konzept auseinander, stellt man fest, dass verschiedene Autoren und Autorinnen unterschiedliche Zeitspannen für die einzelnen Generationen angeben. Als „gemeinsamer Nenner“ ergeben sich somit nur ungefähre Angaben für die aktuell am Arbeitsmarkt vertretenen Generationen (siehe Tabelle 1).

Problem 2: Alters-Perioden-Kohorten-Problem

Die zweite Problematik betrifft die Tatsache, dass sich die verschiedenen Generationen nicht nur in der Kohorte unterscheiden, sondern auch in ihrer altersbedingten Entwicklungsphase (vgl. Tabelle 1). Studien, die Unterschiede zwischen Generationen testen, untersuchen somit Personen, die sowohl in der Kohorte und der damit verbundenen gesellschaftlichen Periode als auch in ihrem Alter differieren.

Sind beispielsweise Person Z (als Mitglied der Generation Z) Aufstiegsmöglichkeiten wichtiger als Person X (als Mitglied der Generation X), so könnte dieser Unterschied einfach dadurch zustande kommen, dass Person Z erst am Anfang der beruflichen Karriere steht, während Person X die eigene Karriere bereits voran getrieben hat. Möglicherweise würde sich Person Z nicht mehr von Person X unterscheiden, sobald Person Z dasselbe Entwicklungsstadium wie Person X erreicht hat. Die Tatsache, dass Person X und Person Z in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontex…

Dr. Barbara Stiglbauer ist zertifizierte Klinische und Gesundheitspsychologin sowie Arbeits- und Organisationspsychologin und assoziierte Professorin an der Abteilung Arbeits-, Organisations- und Medienpsychologie der Johannes Kepler Universität Linz in Österreich.

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