Die meisten guten Vorsätze fürs neue Jahr verpuffen regelmäßig. Mit den richtigen Strategien gelingt die Umsetzung.
Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu. Für viele von uns ist das die Zeit, sich gute Vorsätze für das neue Jahr zu machen. Gesündere Ernährung, weniger Alkohol, mehr Sport oder endlich mit dem Rauchen aufhören. Die Ziele sind vielfältig und durchaus erstrebenswert. Jedoch konnte eine Studie zeigen, dass nur ungefähr zwölf Prozent der 3.000 Probanden ihre Ziele für das neue Jahr erreichen konnten (Wiseman, 2007). Doch woran liegt das? Was machen die erfolgreichen Menschen anders? Und wie kann man es schaffen, im kommenden Jahr auch zu den erfolgreichen zwölf Prozent zu gehören?
Der Mensch – ein Gewohnheitstier
Vor einigen Jahren hatte sich meine Mutter vorgenommen, dem Zucker im Kaffee abzuschwören. Das weiße Gold ist ungesund und wir nehmen ohnehin viel zu viel davon zu uns. Außerdem schmeckt der Kaffee auch ohne Zucker wunderbar. Der Wille war da, die Umsetzung war jedoch gar nicht so leicht. Auch noch Monate später wanderte ihre Hand häufig, wie von Zauberhand zum Zuckertopf, bevor sie merkte: Ich tue ja eigentlich gar keinen Zucker mehr in meinen Kaffee.
Für uns alle ist es unheimlich schwer, jahrelang eingeübte Routinen zu durchbrechen. Selbst banale Abläufe wie das Anziehen der Schuhe ist ein immer gleicher Prozess, den man vermutlich seit seiner Kindheit nicht mehr verändert hat. Der Grund dafür liegt in der Tendenz des Menschen, ein fauler Denker zu sein. Abläufe zu durchdenken, bedarf kognitiver Ressourcen und strengt an. Automatisierte Routinen helfen dabei, diese kognitive Anstrengung zu vermeiden. In vielen Situationen mag das hilfreich sein. Was sollte es schon bringen, jedes Mal aufs Neue über das Anziehen seiner Schuhe nachzudenken? Es hat bisher auch immer so funktioniert. Möchte man jedoch eine lästige Angewohnheit loswerden oder neue Ziele erreichen, können einem diese Routinen im Wege stehen.
Von der Intention bis zur Handlung
Die gute Nachricht vorab: Wer sich Vorsätze für das neue Jahr macht, ist bereits auf einem sehr guten Weg. Er hat nämlich die Intention, etwas zu ändern. Und die Intention ist, so belegen es sozialpsychologische Forschungsergebnisse, der beste Prädiktor für eine tatsächliche Verhaltensänderung (siehe Ajzen, 1991). Etwa 20 bis 30 Prozent der Varianz des Verhaltens, also der Streuung um die Mittelwerte, können durch die individuelle Intention vorhergesagt werden.
Grob gesagt haben Menschen eine Einstellung gegenüber einem bestimmten Verhalten („Rauchen ist ungesund und schadet meinem Körper“). Darüber hinaus gibt es die subjektive Norm. Hier geht es darum, wie die Familie, Freunde und andere Bezugspersonen der eigenen Einschätzung nach einem potenziellen Verhalten gegenüberstehen („Deine Klamotten stinken immer so, wenn du geraucht hast“, „Die Zigaretten kosten uns jeden Monat so viel Geld.“). Eine weitere Variable stellt die wahrgenommene Handlungskontrolle dar. Traut man sich selbst zu, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen oder nicht?
Abb. 1: Theorie des geplanten Verhaltens (eigene Darstellung nach Ajzen, 1991)
Hier spielen natürlich auch Kontextvariablen eine Rolle, die sich direkt auf das Verhalten auswirken können. Wer beispielsweise gar keine Zigarette zur Hand hat, kann natürlich auch nicht rauchen. Diese drei Faktoren führen dazu, dass man eine Intention (Verhaltensabsicht) bildet, aus der sich dann optimalerweise das Verhalten ableitet.
Allerdings reicht der bloße Vorsatz nicht aus. Man muss von der reinen Intention in die Planungsphase gelangen und von dort aus dann seine Handlungen initiieren. Das gelingt am besten, indem man sich die Ziele richtig setzt! Das handlungspsychologische Phasenmodell nach Heckhausen und Gollwitzer dient der Veranschaulichung für den Übergang von der Abwägung zur Planung.
Abb. 2: Das handlungspsychologische Phasenmodell (eigene Darstellung nach Heckhausen und Gollwitzer, 1987)
Ziele richtig setzen und formulieren
Händisches Schreiben aktiviert mehr Areale im Gehirn als das Tippen auf der Tastatur. Am besten schreibt man seine Ziele daher ganz altmodisch mit einem Stift auf einen Zettel. Dabei sollte man sich nicht zu viele Ziele gleichzeitig vornehmen und nur das aufschreiben, was einem wirklich wichtig ist.
Eines der besterforschten Modelle der Psychologie ist die Goal Setting Theory nach Locke und Latham (1990). Sie besagt im Wesentlichen, dass die Leistung und der Erfolg von Personen maßgeblich durch gut gesetzte Ziele beeinflusst werden (Latham, 2016). Gut formulierte Ziele sehen folgendermaßen aus:
Gute Ziele sind „SMART“!
Spezifisch: Eine Spezifizierung der Ziele führt psychologisch dazu, dass man sich auf die zielrelevanten Aktivitäten fokussiert und irrelevante Aspekte eher ignoriert. Wer etwa mehr Sport machen möchte, sollte nicht schreiben: „Ich möchte nächstes Jahr mehr Sport machen.“ Sondern das Ziel spezifisch formulieren: „Ich möchte nächstes Jahr drei Mal pro Woche Sport machen. Montags, mittwochs und freitags gehe ich nach der Arbeit ins Fitnessstudio.“
Messbar: Hilfreich ist es ebenfalls, wenn sich die Ziele an eindeutigen Kriterien messen lassen: „Ich möchte im kommenden Jahr fünf kg an Gewicht verlieren.“
Attraktiv: Die Ziele sollten einem wirklich wichtig sein: „Wenn ich jede Woche zwei Stunden lerne, dann schaffe ich auch mein Examen.“
Realistisch: Schwierige und herausfordernde Ziele führen dazu, dass man sich mehr anstrengt und dabei erhöhte Ausdauer und Beharrlichkeit an den Tag legt. Dennoch sollte man auch darauf achten, dass die Ziele realistisch und erreichbar sind.
Terminiert: Termine für Zwischenziele helfen, dass man dranbleibt und den Fortschritt kontrollieren kann.
Ziele kontrollieren, reflektieren und anpassen
Das „Zukunfts-Ich“ gibt nicht viel auf die Wünsche und Ziele des „Vergangenheits-Ichs“. Die guten Vorsätze geraten so schneller in Vergessenheit als es einem lieb ist. Also sollte man ihm mit regelmäßigen Erinnerungen auf die Sprünge helfen. So kann man sich im Handy-Kalender regelmäßige Termine (z. B. ein Mal pro Quartal) für die Reflexion setzen. Oder immer wieder auf den Zettel mit den formulierten Zielen schauen und überprüfen: Was hat gut geklappt? Was lief nicht so gut? Welche Ziele sind überhaupt noch wichtig? Oder muss etwas verändert oder gestrichen werden. Gibt es vielleicht inzwischen sogar ein neues Ziel?
Um die Motivation aufrecht zu erhalten, kann es helfen, Strategien zur Selbstverstärkung anzuwenden. Eine Möglichkeit wäre hier die Selbstbestrafung bei Nicht-Erreichung der selbst gesteckten Ziele. Für viele mag es jedoch produktiver sein, mit positiver Selbstverstärkung zu arbeiten. Wer seine Zwischenziele erreicht hat, kann sich selbst auf die Schulter klopfen, stolz auf sich sein und seinen Freunden von den Erfolgen berichten. Helfen kann es auch, sich die vorgenommenen Aktivitäten so angenehm wie möglich zu machen und sich zu belohnen. Zum Beispiel: Beim Joggen die Lieblingsmusik hören. Oder nach dem Sport entspannt seine Lieblingsserie auf dem Sofa anschauen.
Handlungsstrategien bei Hindernissen
Wer kennt das nicht? Da möchte man mit dem Rauchen aufhören, aber dann bietet einem der Kollege nach dem dritten Bier eine Zigarette an. Man möchte sich gesünder ernähren, bekommt aber abends vor dem Fernseher eine Heißhunger-Attacke. Eigentlich wollte man gerade joggen gehen, aber dann fängt es an zu regnen. Sofort ist der berühmte innere Schweinehund zur Stelle und liefert tausend Gründe dafür, die neuen Vorsätze über Bord zu werfen.
Bei der Implementation neuer Verhaltensweisen gibt es oftmals Hürden und Hindernisse. Um sie zu überwinden, kann mentales Kontrastieren helfen. Dafür gibt es die WOOP-Methode (Duckworth et al., 2013) .
Abb. 3: das WOOP-Modell nach Duckworth et al.
Sie funktioniert folgendermaßen:
Beispiel: Gesunde Ernährung
- „Ich möchte mich gesünder ernähren.“
- „Wenn ich mich gesünder ernähre, werde ich mein Risiko für schwere Krankheiten reduzieren.“
- „Es könnte passieren, dass ich auf dem Sofa eine Heißhunger-Attacke auf Schokolade bekomme.“
- „Ich kaufe im Supermarkt immer genug von meinem Lieblingsobst ein. Wenn ich eine Heißhunger-Attacke bekomme, greife ich statt zur Schokolade auf mein Obst zurück.“
Beispiel: Sport
- „Ich möchte nächstes Jahr drei Mal pro Woche Sport machen. Montags, mittwochs und freitags gehe ich nach der Arbeit ins Fitnessstudio.“
- „Wenn ich es schaffe, drei Mal pro Woche Sport zu machen, werde ich gesünder sein, besser aussehen und mich fitter fühlen.“
- „Es wird Tage geben, an denen das Wetter zu schlecht sein wird, um joggen zu gehen.“
- „An solchen Tagen gehe ich stattdessen schwimmen, ins Fitnessstudio oder lege ein Home-Workout ein.“
Fazit
Neue Vorsätze sind schon mal ein guter erster Schritt und mit den richtigen Strategien gelingt es auch, sie umzusetzen. Dann gehört man im nächsten Jahr vielleicht auch zu den stolzen zwölf Prozent, die es geschafft und ihre Vorsätze auch realisiert haben.
Weitere Literatur
Ajzen, I. (1991). The theory of planned behavior. Organizational behavior and human decision processes, 50(2), 179-211.
Duckworth, A. L., Kirby, T. A., Gollwitzer, A., & Oettingen, G. (2013). From fantasy to action: Mental Contrasting with Implementation Intentions (MCII) improves academic performance in children. Social Psychological and Personality Science, 4, 745–753.
Heckhausen, H., Gollwitzer, P.M. (1987). Thought contents and cognitive functioning in motivational versus volitional states of mind. Motiv Emot 11, 101–120.
Latham, G. P. (2016). Goal-setting theory: Causal relationships, mediators, and moderators. In Oxford Research Encyclopedia of Psychology.
Locke, E. A., & Latham, G. P. (1990). A theory of goal setting & task performance. Prentice-Hall, Inc.
Wiseman, R. (2007). The New Year’s Resolution Project. Verfügbar unter: http://www.richardwiseman.com/quirkology/new/USA/Experiment_resolution.shtml
Dennis Book, Bachelor of Science in Wirtschaftspsychologie (HS Osnabrück). Student der Psychologie an der TU Dresden (Master of Science) und Intern bei Continental im Bereich HR Diagnostics