Drei Viertel der HR-Verantwortlichen glauben, dass Angebote zu „New Work“ wichtiger geworden sind, um Bewerber zu überzeugen. Doch die kennen den Begriff oftmals nicht.
Seit Jahren beschäftigt sich die HR-Community mit kaum etwas anderem so intensiv wie mit „New Work“, ob auf unzähligen Konferenzen, in Workshops oder Podcasts. HR-Magazine berichten nahezu unablässig darüber, Unternehmen liefern ihre Erfolgstories und unzählige Berater und Coaches haben hier ein neues Betätigungsfeld entdeckt. Auch die Corona-Pademie tut der „New-Work-Euphorie“ offenbar keinen Abbruch. So postulierte eine „Linkedin Top Voice“ sogar: „The New Normal – geht nicht mehr ohne New Work!“
Doch was ist eigentlich mit den so heiß umworbenen Bewerbern? Denen sagt der Begriff erstaunlich oft nichts. Mehr als vier von zehn Jobsuchenden ist „New Work“ fremd. Bei den Akademikern kennt jeder Dritte den Begriff nicht, bei den Nicht-Akademikern fast jeder Zweite.
Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie „Future of Recruiting“ von softgarden, einem Softwareanbieter für Recruiting. An der doppelperspektivischen Online-Umfrage haben von Mai bis August 3.561 Bewerber sowie 251 HR-Verantwortliche teilgenommen.
Interessant auch die Antworten auf die Frage, ob Angebote rund um „New Work“ nach Corona eine größere Rolle spielen, um Jobinteressierte von einem Arbeitgeber zu überzeugen. 75,5 Prozent der HR-Verantwortlichen beantworteten die Frage mit „Ja“. Nur 8,6 Prozent sehen das nicht so. Und erstaunliche 15,9 Prozent der HR-Verantwortlichen kennen den Begriff „New Work“ nicht einmal.
Bei den Bewerbern stimmen dagegen nur 39,7 Prozent der größeren Bedeutung von „New Work“ nach Corona zu. 18,8 Prozent sehen das anders und 41,4 Prozent können mit dem Begriff „New Work“ nichts anfangen.
Offenkundig lebt die HR-Branche daher weiter in ihrer „New-Work-Blase“ und bekommt gar nicht mit, auf was es den Bewerbern ankommt. Denn seit Corona sind Aspekte der Arbeitswelt wichtiger geworden, die nicht zu den „New-Work-Klassikern“ gehören: eine transparente Kommunikation, ein gutes Gesundheitsmanagement und Jobsicherheit.
Dennoch haben auch etliche damit verbundene Aspekte vor dem Hintergrund von Corona für die Mehrheit eine höhere Priorität – wenn auch die Zustimmung bei den meisten Punkten hier nicht uneingeschränkt ausfällt. Das gilt zum Beispiel für Führungskräfte, die sich eher als Partner und „Möglichmacher“ verstehen, sinnvolle Arbeit oder die stärkere Selbstverantwortung der Mitarbeitenden.
Fazit: HR-Verantwortliche sollten beim Recruiting eher auf konkrete Inhalte als auf Buzz-Words wie „New Work“ setzen.
Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.