Warum bewerben sich Frauen auf Stellen in männerdominierten Bereichen seltener? Und beeinflusst Sprache in den Ausschreibungen sogar das Auswahlmuster der Recruiter? Neue Forschungsergebnisse der TUM School of Management.
Weltweit unternehmen Organisationen große Anstrengungen, um die besten Talente zu gewinnen, sind diese doch einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren. Trotzdem gelingt es häufig nicht, Talente in all ihrer Vielfalt zu gewinnen. Gerade in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen oder in höheren Führungspositionen dominieren (weiße) Männer deutlich. Begründet wird das häufig damit, dass es etwa „einfach keine geeigneten Frauen gibt“ oder diese sich „einfach nicht bewerben wollen“.
Doch stimmt das? Und wenn ja, warum? Der Frage sind Wissenschaftlerinnen der TUM School of Management an der Technischen Universität München (TUM) in einer umfassenden Studienreihe nachgegangen.
Agentische und kommunale Wörter
Dazu wurden in einem ersten Schritt mehrere Hunderte Stellenausschreibungen und Anzeigen für Karriereprogramme analysiert. Dabei zeigte sich, dass Führungspositionen – unabhängig von Branche oder Unternehmen – vor allem mit sogenannten agentischen Wörtern beschrieben werden. Diese Wörter entsprechen klar dem männlichen Stereotyp und umfassen Begriffe wie durchsetzungsstark, dominant und ehrgeizig. Kommunale Begriffe, die sich dem weiblichen Stereotyp zuordnen lassen und beispielsweise das Entwickeln und Fördern von Talenten betonen, fanden sich dagegen kaum in den Ausschreibungen für Führungspositionen. Und das obwohl diese Bereiche in der modernen Führungsforschung als immer wichtiger identifiziert wurden.
In einer Reihe von Studien zeigte sich nun, dass agentisch formulierte Ausschreibungen Frauen abschrecken, d.h. dass sie sich als weniger passend für so ausgeschriebene Stellen oder Programme wahrnehmen und daher in geringerem Ausmaß bewerben wollen. In einem der Experimente sichteten beispielweise Frauen und Männer verschiedene Anzeigen für Karriereprogramme mit agentischer oder kommunaler Formulierung. Die Frauen empfanden ihre Passung für das ausgeschriebene Programm bei agentisch formulierter Anzeige als geringer als die Männer (und als geringer als bei kommunal gestalteten Anzeigen). Auf die Frage hin, auf welches Karriereprogramm sie sich eher bewerben würden wählten überdies zwei Drittel der Frauen die kommunal formulierte Anzeige.
Mehr Bewerbungen von Frauen
Experimentelle Variationen des Ausschreibungstextes ergaben darüber hinaus, dass die Bewerbungsabsicht von Frauen bei gemischt agentisch-kommunalen Ausschreibungen bereits höher ist als bei rein agentischen. Eine weitere Steigerung der Bewerbungsabsicht ergab sich, wenn eine rein kommunale Ausschreibung verwendet wurde. Hier zeigten Frauen die höchste Bewerbungsabsicht für Stellen oder Programme in männlich dominierten Kontexten – wenn also kommunale Aspekte stark betont werden und ein Gegengewicht zum per se männlich stereotypisierten Ausschreibungskontext bilden.
Interessanterweise scheint aber die Verwendung von kommunalen Ausschreibungen männliche Bewerber nicht abzuschrecken. In den Studienreihen machte es für ihre Bewerbungsabsichten keinen Unterschied, ob die Ausschreibungen stärker kommunal, also stereotyp weibliche Attribute betonend, ausgeschrieben waren oder nicht. Die Auswertung der Antworten von insgesamt 450 Teilnehmern in zwei Studien ergab, dass die Formuli…
Professorin Dr. Claudia Peus, Diplom-Psychologin, Vizepräsidentin der TU München und Gründungsdirektorin des TUM Institute for LifeLong Learning