Digitaler Stress: Scheinbar unsichtbar und doch so einflussreich

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Der digitale Stress nimmt zu und wirkt sich auf Dauer negativ auf die Gesundheit aus. Doch statt Digital Detox – dem völligen Verzicht auf digitale Medien – braucht es selbstbestimmte Mediennutzung.

Zehn Jahre nach dem ersten Smartphone nutzen heutzutage mehr als 80 Prozent der deutschen Bevölkerung über 14 Jahre ein Smartphone (Gimpel et al. 2020). Immer mehr digitale Technologien und Medien gestalten unseren Alltag – Smartphone, Laptop, Fitness-Tracker, Tablets. Nur fünf Prozent der Bevölkerung sind selten oder nie online (TK 2021). Digitale Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nicht nur im Privatleben ergeben sich große Veränderungen. Vor allem auch die Arbeitswelt ist durch die Digitalisierung in einem großen Wandel. Neben vielen Vorteilen bringen sie auch neue Herausforderungen und Belastungen. Digitaler Stress gehört für einen Großteil der Beschäftigten zum Arbeitsalltag.

Digitaler Stress ausgelöst durch digitale Medien

Um digitalen Stress zu verstehen, lohnt es sich einen Blick auf „normalen“ Stress zu werfen. Denn die Mechanismen, die dahinterstecken und in unserem Körper ablaufen, sind die gleichen. Stress, der so genannte Kampf-Flucht-Mechanismus, stellt uns in herausfordernden Zeiten die nötige Energie zur Verfügung, um eine Gefahr zu überstehen. Gekoppelt an verschiedene hormonelle Abläufe, stellt der Körper alle verfügbaren Reserven zusammen, um die Herausforderung zu überstehen. Puls und Herzschlag steigen an, der Atem wird flacher, das Gehirn wird mit mehr Sauerstoff versorgt (Kaluza, 2018). Nach erfolgreicher Bewältigung der Situation benötigt der Körper Zeit für Regeneration. Ist diese Abfolge in sich geschlossen hilft Stress zur Weiterentwicklung, Lernen und Fortschritt. Immer häufiger fallen diese wichtigen Phasen der Erholung heutzutage allerdings weg. Denn nach einer erledigten Herausforderung wartet schon die nächste. Die Folge: Das Stresslevel steigt immer weiter an. Cortisol, das Stresshormon, kann nicht ausreichend abgebaut werden. Schlaflosigkeit, innere Unruhe und Gereiztheit sind die Folge. Auf Dauer ist dieser Zustand für den Körper gesundheitsschädigend.

Zu jedem Stressprozess gehören sogenannte Stressoren. Sie sind die Faktoren, die den Stressprozess auslösen. Mehr und mehr rücken auch digitale Medien in den Mittelpunkt der Betrachtung. Schätzt eine Person im Umgang mit digitalen Medien ihre individuellen und situativen Ressourcen im Vergleich zur Belastung zu niedrig ein, kann als negative Beanspruchungsfolge eine Stressreaktion resultieren (Gimpel et al. 2021). Diese durch den Umgang mit digitalen Medien ausgelöste Stressreaktion wird als digitaler Stress bezeichnet.

Leistungsüberwachung und Unzuverlässigkeit

Gimpel et al. (2019) stellen in ihren Untersuchungen zwölf Belastungsfaktoren digitaler Arbeit auf (Abb. 1). Für die Befragten sind eine Leistungsüberwachung und die Verletzung der Privatsphäre die größten Belastungen bei der digitalen Arbeit. Zur Reduzierung dieser Belastungsfaktoren muss auf organisationaler Ebene angesetzt werden. Selbst beeinflussen können Beschäftige vor allem die Faktoren Unterbrechung, Überflutung und Omnipräsenz. Di…

Franziska Seidel, M.A. in Kommunikations- & Medienwissenschaften, Fachrichtung Medienpädagogik, Gründerin von Hüttner & Seidel extrazwei in Leipzig

Heide Hüttner. M.A. in Prävention und Gesundheitsförderung, Stressmanagementtrainerin und Yoga-Lehrerin, Gründerin von Hüttner & Seidel extrazwei in Leipzig

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