Arbeitsstressoren und Burnout hängen positiv reziprok zusammen und schaukeln sich gegenseitig hoch. Das zeigt eine Meta-Analyse von 48 Längsschnittstudien. Dabei ist der Effekt von Burnout auf die Arbeitsstressoren etwa doppelt so stark wie umgekehrt.
Die andauernde Pandemie stellt uns alle vor ungelöste Herausforderungen. Erschöpfung ist weit verbreitet, denn (Planungs-)Unsicherheit stresst. Keine Kontrolle zu haben fühlt sich bedrohlich an und diese Bedrohlichkeit führt zu Stress (vgl. Transaktionales Stressmodell von Lazarus und Folkman, 1984). Je nachdem, wie gut oder schlecht man sich mit Fähigkeiten und Mitteln gerüstet fühlt, die aktuelle Bedrohung zu bewältigen, ist die Rede von positivem oder negativem Stress. Und genau dieser negative Stress, dem sich viele durch die ungelösten Herausforderungen der Pandemie ausgesetzt fühlen, kann auf Dauer zu Erschöpfung oder auch Burnout führen.
In einer Meta-Analyse, die auf 48 Längsschnittstudien (überwiegend europäisch) aus den Jahren 1986 bis 2019 zu Burnout und Arbeitsstress basiert, wurden sowohl der Effekt von Arbeitsstressoren auf Burnout als auch der umgekehrte Effekt von Burnout auf Arbeitsstressoren (Guthier, Dormann & Voelkle, 2020) untersucht.
Insgesamt 26.319 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Altersdurchschnitt von knapp 42 Jahren und etwa 44 Prozent Männern sind mindestens zweimal befragt worden. Das Ergebnis: Arbeitsstressoren und Burnout hängen positiv reziprok zusammen, d.h. über die Zeit hinweg schaukeln sich Arbeitsstressoren und Burnout gegenseitig hoch.
Doppelter Effekt von Burnout
Für einige Wissenschaftler vermutlich überraschend ist der Effekt von Burnout auf Arbeitsstressoren etwa doppelt so stark ausgefallen im Vergleich zum Effekt von Arbeitsstressoren auf Burnout. Beschäftigte, die sich beispielsweise erschöpft fühlen (das zentrale Symptom von Burnout), nehmen immer mehr Arbeitsstress wahr oder haben tatsächlich mehr Arbeitsstress, da beispielsweise ihre Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt ist und dadurch vermeintlich einfache Aufgaben auf einmal deutlich mehr (Zeit-)Ressourcen beanspruchen.
Kurz gesagt: Es scheint wichtiger, erschöpfte Beschäftigte dabei zu unterstützen, sich keinen zusätzlichen Arbeitsstressoren ausgesetzt zu fühlen, als sie vor der Erschöpfung zu schützen, die durch Arbeitsstressoren naturgemäß und damit vorhersehbar auftritt.
Außerdem deuten die Meta-Analyse-Ergebnisse darauf hin, dass Erschöpfung das erste Symptom auf dem Weg zur Entwicklung eines Burnouts ist. Erst bei vorhandener (dauerhafter) Erschöpfung scheinen Betroffene Zy…
Dr. Christina Guthier, Dr. rer. pol. in Organisationspsychologie, M.Sc. in Psychologie ist Partnerin bei der Beratung Auctority in Düsseldorf