Hinter scheinbar neutralen Coaching-Methoden verbergen sich nicht selten fragwürdige und esoterische Weltanschauungen. Eine kritische Analyse.
In der Weiterbildung und Personalentwicklung gehört Coaching heute zum Standard. Mit den durch die Digitalisierung bedingten Veränderungen von Produktions- und Organisationsstrukturen dürfte ihre Verbreitung sogar noch zunehmen. Zudem erhöhen diskontinuierliche Erwerbsbiographien auch bei Einzelpersonen die Nachfrage nach Begleitung in Phasen des „Changes“. Im Selbstverständnis der Anbieter dient Coaching gerade der Stärkung der Autonomie: Coaching setze auf individuelle Lösungen des Klienten, der das Ziel der Intervention selbst bestimme, heißt es bei vielen Coaching-Verbänden. Für professionelles Beratungshandeln ergibt sich daraus das Verbot einer offenen oder subtilen Beeinflussung: Wer ein Coaching bucht, geht meist davon aus, sich auf neutrale, sichere, geprüfte und für jeden geeignete Techniken einzulassen. Erst recht, wenn die Anbieter ein Zertifikat vorweisen können und in einem fachlichen Dachverband organisiert sind.
NLP: Schnittstelle zur Esoterik
Hier beginnt jedoch das Problem: Der Titel „Coach“ ist rechtlich nicht geschützt. Ebenso wenig existiert eine einheitlich geregelte Ausbildung. Die Unübersichtlichkeit und mangelnde Regulierung kann ein Einfallstor für Ideologien bilden. Der Autor hat dies selbst erlebt, als er an der Coaching-Initiative „Arbeit durch Management“ der Berliner Diakonie teilnahm. In deren Handbuch „Jobpaten schreiben für Jobpaten“ behauptet die NLP-Lehrtrainerin Ulrike Dorsch, dass man den eigenen emotionalen Zustand jederzeit nach Wunsch programmieren könne – zum Beispiel durch regelmäßiges mechanisches Lächeln oder durch das Entfernen von Negationen aus dem Wortschatz, die das menschliche Gehirn nicht verarbeiten könne. Die skurrilen Aussagen waren für den Autor der Anstoß, sich das im Coaching nach wie vor sehr beliebte Neurolinguistische Programmieren näher anzusehen. Bei den Recherchen zeigte sich, dass nicht wenige NLPler auch auf die sogenannte „Positive Psychologie“ Bezug nehmen. Zudem taucht die umstrittene Methode „The Work“ der Amerikanerin Byron Katie häufig im Umfeld von NLP auf. Aus der kritischen Analyse dieser drei Verfahren entstand schließlich das Buch „Die Gedanken sind nicht frei. Coaching: eine Kritik“.
Die methodische und wissenschaftliche Schwäche des NLP wurde inzwischen hinreichend belegt, u.a. von dem Wirtschaftspsychologen Uwe Peter Kanning und dem Verhaltensbiologen Hans-Jörg Hemminger. NLP basiert auf erheblichen Vereinfachungen der menschlichen Sinnesverarbeitung und generalisiert in fragwürdiger Weise Einzelerfahrungen.
Als Politologe hat der Autor den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die ideologisch-weltanschaulichen Komponenten gelegt. Die sogenannten „Vorannahmen“ des NLP – z. B. „Menschen besitzen bereits alle Ressourcen, die sie für eine Veränderung benötigen“ oder „Was irgendein Mensch je tun konnte, das kannst du auch“ – repräsentieren sogenannte „beliefs“, d. h. dezidierte Überzeugungen über das Wesen der Welt und des Menschen. Solche Überzeugungen aber beeinflussen auch das politische und soziale Denken: Wenn jeder z. B. immer schon alle Ressourcen besitzt, dann ist er sozusagen auch selbst der Schöpfer seines Lebens. Im Umkehrschluss folgt daraus: Wer scheitert, hat seine Möglichkeiten nicht richtig genutzt, ist also auch selbst die Ursache seiner Misere. Warum sollte er dann Hilfe, Solidarität oder Mitleid verdienen?
Das Menschenbild des NLP unterscheidet sich insofern von dem der jüdischen, christlichen und humanistischen Tradition, in der der Mensch zwar selbstverständlich auch Ressourcen hat, aber wegen seiner Unvollkommenheit immer auch Grenzen: Er kann sich nicht selbst erlösen.
Weltanschaulichen Charakter hat auch die NLP-Annahme, dass „hinter jedem Verhalten eine positive Absicht“ stecke. Dies würde bedeuten, dass die Frage, ob eine Handlung gut oder schlecht ist, allein einer subjektiven Bewertung obliegt. Auch hier setzt sich NLP vom westlichen Weltbild ab, das mit den Menschenrechten von einem allgemeinen Wertemaßstab ausgeht – und damit von der Existenz objektiv böser Absichten und Verhaltensweisen (wie z. B. im Nationalsozialismus). Die Idee vom Menschen als dem allein verantwortlichen Schöpfer seines Schicksals und die Relativierung des Maßstabs von Gut und Böse stellen zwei wichtige Schnittstellen des NLP zum Weltbild der Esoterik dar.
NLP und „Rückführungen“
Zum esoterischen Weltbild gehört die Idee der Reinkarnation (Wiedergeburt) – die aber im Gegensatz zu den komplexen fernöstlichen Religionen auf ein recht primitives Ursache-Wirkung-Prinzip heruntergebrochen wird. Alles, was Menschen erleben, ist demnach eine „Lektion“ bzw. eine Folge ihres Tuns in angeblichen früheren Leben (Karma): Wer z. B. Opfer von Gewalt wird, war einst selbst Gewalttäter und erhält nur den „karmischen Ausgleich“ dafür zurück. Manche Esoteriker wie der in der Szene populäre Trutz Hardo behaupten gar, dass Opfer – z. B. von Vergewaltigung – ihre Gewalterfahrung „vorgeburtlich selbst geplant“ hätten, um „spirituell zu wachsen“ oder „schlechtes Karma abzutragen“. In diesem Modell ist jeder immer zu hundert Prozent selbst für alles verantwortlich, was er erlebt. Als „Beweise“ dienen sogenannte „Rückführungen“ oder „Reinkarnationstherapien“. Dort werden Klienten durch hypnotische Manipulationen Szenen aus vermeintlichen vorherigen Leben präsentiert, die dann als Erklärung für aktuelle Probleme herhalten sollen. Auf die Gefahren solcher „Therapien“, die bis zur Suizidalität reichen, wurde von Kritikern wie der Psychologin Heike Dierbach mehrfach hingewiesen.
Bei einigen esoterischen Coaches gibt es zudem eine Nähe zum Rechtsextremismus. So legitimierte der erwähnte Trutz Hardo in seinem inzwischen verbotenen Buch „Jedem das Seine“ den Holocaust mit den ungeheuerlichen Worten, „in Buchenwald sei jedem in konzentrierter Weise das ihm aus karmischer Gesetzmäßigkeit zustehende Schicksal zugewiesen“ worden, was den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllte. Das hielt den rechten Verschwörungstheoretiker und „Reinkarnationstherapeuten“ Erik Sigdell nicht von ähnlich perfiden Aussagen ab (vgl. Dierbach). Zynisch sind auch die Ideen des Esoterik-Coaches Colin Tipping, der sich in seinem Buch „Vergebung“ zur „These“ versteigt, hinter Hitlers „Inkarnation“ habe vermutlich die positive Absicht gestanden, die Juden durch die Shoah von ihrem „Opferbewusstsein zu heilen“. Nicht weniger unerträglich präsentiert sich das Werk „Gespräche mit Gott“ des Esoterikers Donald Walsch: Da der Tod das Großartigste sei, was Menschen überhaupt erleben könnten, hätten die Nazis den Ermordeten gar nicht geschadet, sondern ihnen Gutes getan – Hitler sei deshalb auch „in den Himmel eingegangen“.
Beunruhigend ist, dass „Rückführungen“ und esoterische Inkarnationslehren auch bei einigen zertifizierten Coaches vorkommen, die Mitglied im „Deutschen Verband für Neurolinguistisches Programmieren (DVNLP)“ sind – nach eigenen Angaben immerhin „der zweitgrößte Verband in der deutschen Weiterbildungslandschaft“. Wer bei Google „DVNLP“ und „Rückführung“ oder „Reinkarnationstherapie“ eingibt, erhält nicht wenige Treffer. Auf der Homepage des DVNLP präsentieren manche Trainer „Rückführungen“ sogar ganz offen als Teil ihres Coachingprofils. Und in der vom DVNLP verlegten Schriftenreihe „Coachingperspektiven“ wirbt die Trainerin Angelika King, die auf ihrer Website auch Firmenseminare für Führungskräfte anbietet, unter der Überschrift „Spirituelles Coaching mit der Time-Methode“ offensiv für die Kombination von NLP und Esoterik. Ob der Klient selber an Reinkarnation glaube, sei dabei unerheblich, so die DVNLP-Lehrtrainerin. Sie sieht es aber positiv, wenn Klienten durch „Rückführungen“ zum Glauben an Reinkarnation geführt werden könnten. Der Aufsatz ist die Zusammenfassung von Kings Buch „Abenteuer Time-Line“, das – unter anderem „nach Anregungen Trutz Hardos“ – eine Anleitung für „Rückführungen“ im Coaching gibt. Opfer müsse man dabei stets „erleben lassen, dass sie auch Täter waren“ und sie z. B. mit der Frage konfrontieren, wie viele Morde sie in ihren früheren Leben schon begangen hätten.
Auch im Internet kann man auf NLPler stoßen, die auf Esoteriker wie Hardo, Sigdell, Tipping oder Walsch Bezug nehmen. Ein Problembewusstsein für die Nähe der Lehren dieser Autoren zu gewaltverherrlichendem und rechtem Gedankengut scheint in weiten Teilen der NLP-Szene zu fehlen. Reinkarnationslehren im Coaching widersprechen überdies allen Grundsätzen professioneller Beratung, die sich gerade dadurch auszeichnet, dass ein Coach Distanz zu seinen eigenen spirituellen Überzeugungen wahren kann und sie auf keinen Fall mit seiner Funktion als Berater vermischt.
Positive Psychologie: Puritanismus im wissenschaftlichen Gewand
Vor diesem Hintergrund erscheint die Positive Psychologie zunächst wohltuend seriös, wurde sie doch von studierten Psychologen eingeführt, allen voran von dem Amerikaner Martin Seligman, viele Jahre lang führendes Mitglied der renommierten APA (American Psychological Association). Allerdings verfolgt die Positive Psychologie ein ähnliches Ziel wie NLP – nämlich „glücklicher“ und erfolgreicher zu werden durch das „Trainieren“ der „richtigen“ Kognition. Während NLP dies vor allem durch die positive Umdeutung negativ konnotierter Erfahrungen erreichen will („Refraiming“), arbeitet die Positive Psychologie primär mit dem Ausrichten des Wahrnehmungsfokus auf Funktionierendes und Aufbauendes. Bei Alltagsproblemen zweifellos ein manchmal hilfreiches Verfahren.
Fragwürdig wird es indes, wenn dieser selektive Fokus zum Prinzip gemacht wird: Ein permanentes Ausblenden negativer Realitäten führt am Ende zum selben Realitätsverlust wie das Schönreden. Genau dies wird aber von vielen Positiven Psychologen forciert. So fordert Martin Seligman in seinen Büchern immer wieder dazu auf, pessimistische Deutungsmuster sofort und grundsätzlich durch optimistische zu ersetzen. In den von der Positiven Psychologie vertretenen Definitionen eines „guten Lebens“ und „guten Charakters“ fällt zudem eine Dominanz puritanischer Tugenden wie Disziplin, Leistung, Aufstieg, Durchhalten und Askese auf – während menschliche Werte wie Müßiggang oder das Bekenntnis zu Schwächen fehlen: Bei genauerem Hinsehen geht es um ein instrumentelles Verständnis vom Glück, das weniger auf die individuellen Bedürfnissen des Einzelnen abzielt als auf die wirtschaftliche Verwertung seiner Gefühlswelt. Positive Psychologen betonen deshalb gern den angeblichen Zusammenhang zwischen einer positiven Lebenseinstellung und einer hohen Arbeitsproduktivität. Manche sprechen gar von (gegebenenfalls zu trainierendem) Optimismus als „Psychologischem Kapital“. Die renommierte amerikanische Journalistin Barbara Ehrenreich sieht in der Positiven Psychologie daher treffend ein überwiegend ideologisches – in diesem Fall calvinistisches – Konstrukt.
„The Work“: Gehirnwäsche mit Ansage
Auch „The Work“, 1986 von der Amerikanerin Byron Katie erfunden, kommt oft zusammen mit Positiver Psychologie und NLP vor. In den „Coachingperspektiven“ des DVNLP und auf der Verbandshomepage wird z. B. ausdrücklich für diese Methode geworben. Inzwischen taucht sie aber auch immer öfter in systemrelevanten Bereichen auf: In Schulen und in der Erwachsenenbildung, bei Jobcentern, in Kirchen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, im Gesundheitswesen – und natürlich in Unternehmen und Personalberatungen.
Sogar an der Universität Mannheim wird im Bereich Pädagogische Psychologie ein Coaching mit der „The Work-Methode“ unter dem wissenschaftlicher klingenden Namen IBSR (Inquiry-Based Stress Reduction auf) angeboten. Dabei verweist die akademische Mitarbeiterin explizit auf ihre Ausbildung als Coach bei „The Work“.
Der DVNLP-Lehrcoach Ralf Giesen ist nicht nur Inhaber des Instituts für angewandte Positive Psychologie, das auch Business Coaching und Changemanagement anbietet, sondern auch Gründungsvorstand des „Verbands für The Work of Byron Katie (vtw)“, dessen Coach-Siegel laut Website bereits mehr als 200 Coaches tragen. Auch bei den Mitgliedern der im Roundtable Coaching vertretenen Coaching-Verbände setzt so mancher Coach auf „The Work“.
Grundlage von „The Work“ ist die „Heilungserfahrung“ der früheren Lehrerin Kathleen Reid, die an schweren Depressionen litt. Eines Morgens sei sie jedoch plötzlich „in der Realität erwacht“ und habe erkannt, „dass die Ursache für ihre Depressionen nicht die Welt um sie herum war, sondern ihre Überzeugungen über die Welt“.
Hinter „The Work“ steht folglich die Grundannahme: So wie die Welt gerade ist, ist sie immer „perfekt“ und in Ordnung. Das Problem seien wir selbst, weil wir das gedanklich nicht akzeptierten. In einer solchen Denkstruktur kann es logischerweise keine Opfer geben und Fragen von Schuld, Verantwortung, Opfern und Tätern erübrigen sich.
In ihrem Bestseller „Lieben was ist“ fordert Byron Katie vielmehr, Erfahrungen wie Bomben, Folter, Vergewaltigung und Auschwitz (!) mit Bejahung und „bedingungsloser Liebe zu begegnen“. Das freilich ist nur denkbar, wenn zuvor alle entgegenstehenden ethischen Maßstäbe gelöscht werden. Genau darauf ist der Ablauf einer „The Work“-Intervention ausgerichtet: Erklärtes Ziel ist das „Auflösen“ sämtlicher Überzeugungen und Werte einer Person – ein Ziel, das die Persönlichkeit der Klienten von Beginn an nicht respektiert.
Der erste Teil eines „The Work“-Coachings basiert auf einer Scheinfrage-Technik, bei der vier Fragen gestellt werden. Sie lauten: 1. Ist das wahr? 2. Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist? 3. Wie reagierst du, wenn du diesen Gedanken glaubst? 4. Wer wärst du ohne den Gedanken?
Vor allem die zweite Frage dient der gezielten Verunsicherung der Klienten: Wer wird sich schon trauen, vor Publikum („The Work“ findet meistens in Gruppen statt) zu behaupten, er könne etwas mit Absolutheit wissen? Die korrekte Antwort auf die zweite Frage müsse immer „nein“ lauten, betont Byron Katie denn auch. Dem Klienten wird also eine Frage vorgelegt, deren Antwort schon festgelegt ist – ganz eindeutig ein Fall von subtiler Manipulation. Die Beeinflussung wird fortgesetzt und noch verstärkt, wenn der Klient im zweiten Teil der „The Work“-Sitzung seine „stressvollen Überzeugungen“ in sogenannten „Umkehrungen“ auf sich selbst beziehen muss: Die Umkehrungen seien eine Möglichkeit, das Gegenteil von dem zu erfahren, was man für wahr hält. Wie fatal diese Technik ist, zeigt sich insbesondere bei Gewaltopfern, die mit Byron Katies Methode „behandelt“ werden: In „Lieben was ist“ befindet sich die erschütternde Aufzeichnung eines Coachings mit einer Klientin, die als Neunjährige vom Stiefvater schwer missbraucht wurde. Die Mutter, Zeugin der Übergriffe, sah weg. Zu Recht wünscht sich die Tochter dafür eine Entschuldigung. In der „The Work“-Logik steht ihr diese aber nicht zu, stattdessen soll sie „erkennen“, dass sie selbst für die erlebte Gewalt verantwortlich sei: Auf Befehl Byron Katies muss die Klientin dazu den Tatbestand „Mein Stiefvater hat mich missbraucht“ zur Aussage „Ich habe ihn missbraucht“ umkehren – und dann „untersuchen“, auf welche Weise sie als Neunjährige ihren Stiefvater „missbraucht“ hat. Anschließend soll sie ihren legitimen Wunsch „Meine Mutter sollte sich entschuldigen“ (für ihr Wegschauen) „umkehren“ zu der Aussage „Ich sollte mich entschuldigen“ (dafür, als Neunjährige die Vergewaltigung durch den Stiefvater „zugelassen“ zu haben).
Man muss sich klarmachen, dass es sich bei diesem verstörenden Beispiel nicht etwa um einen Anwendungsfehler handelt, sondern im Gegenteil um die genaue Umsetzung der „The Work“-Methodik: Laut dieser sind die Umkehrungen „immer wahr“, wie auch Ralf Giesen in den „Coachingperspektiven“ des DVNLP erläutert. Wer anderer Meinung ist, sei „rechthaberisch“ und wolle „die Wahrheit nicht wissen“, so Byron Katie. Ein derart perfides Verfahren lässt sich nur mit dem Begriff der Gehirnwäsche treffend beschreiben.
Zusammenfassung
Bei NLP, Positiver Psychologie und „The Work“ handelt es sich nicht um neutrale Kognitionstechniken, sondern um Ideologien. Denn Beratungshandeln wird bei diesen Verfahren regelmäßig mit weltanschaulichen oder spirituellen Wertesystemen vermischt: Bei der Positiven Psychologie mit calvinistisch-puritanischen, beim NLP und „The Work“ mit esoterischen. Insbesondere die darin enthaltene Verharmlosung von Gewalt und die sozialdarwinistische Deutung menschlicher Existenz sind mit einer demokratischen Zivilgesellschaft und einer aufgeklärten Unternehmenskultur nicht vereinbar. Kritisches und selbständiges Denken wird so nicht gefördert, sondern behindert und der selbstgesteckte Anspruch von Coachings, die Autonomie des Klienten zu stärken, konterkariert.
Personalmanager müssen daher ein kritischeres Bewusstsein dafür entwickeln, was sie ihren Mitarbeitern anbieten. Oft hören sich die Versprechen der Coaches gut an. Nur wer genauer hinschaut, erkennt, dass es sich manchmal um Interventionen handelt, die massiv in das Wertgefüge und die psychische Identität von Menschen eingreifen.
Weitere Literatur
Dierbach, H. (2009). Die Seelenpfuscher. Pseudo-Therapien, die krank machen. Hamburg: Rowohlt.
Ehrenreich, B.(2010). Smile or die. Wie die Ideologie des Positiven Denkens die Welt verdummt. München: Kunstmann.
Giesen, R. (Hrsg.), Kluczny, J.W., Haberzettl, M., Bender, C., Lüthy, S.,Sander, C., Jochims, I. et al. (2011). Coachingperspektiven. Impulse für die Praxis. Berlin: Deutscher Verband für Neuro-Liguistisches Programmieren.
Hemminger, H. (2004). Die Überschätzung mentaler Glaubenssätze. Positives Denken und NLP. Stuttgart: Evangelische Kirche in Württemberg.
Kanning, U. P. (2013). Wenn Manager auf Bäume klettern. Mythen der Personalentwicklung. Lengerich: Pabst Sciences Publishers.
Katie, B. (2013): Wer bin ich ohne diesen Gedanken? Weisheit für jeden Tag. München: Arkana.
Katie, B. & Mitchell, S. (2002): Lieben was ist. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können. München: Arkana.King, A. (2004). Abenteuer Timeline. Reisen auf der mentalen Zeitlinie. Norderstedt: Books on Demand.
Steinmeyer, G. (2018). Die Gedanken sind nicht frei – Coaching: eine Kritik, Berlin: Lukas Verlag.
Tipping, C.(2004). Ich vergebe. Der radikale Abschied vom Opferdasein. Bielefeld: J. Kamphausen.
Walsch, N. D. (2008). Gespräche mit Gott (Band 2). München: Goldmann.
Dr. Georg Steinmeyer, promovierter Politologe in Berlin