Die Diskussion um Fake News ist aktueller denn je. Psychologen können ihre Wirkung erklären und erforschen, aber etwas ändern können sie nicht.
Donald Trump brachte die breite Öffentlichkeit dazu, Fake News zur Kenntnis zu nehmen. Dabei sind sie weder neu noch überraschend in ihrer Wirkmächtigkeit. Sie werden nicht das Ende der Welt bedeuten. Doch sie machen zumindest die Online-Welt ein kleines bisschen schlechter.
Allerdings geht dabei oftmals auch einiges völlig durcheinander. Denn nicht alles ist eine Fake News, nur weil es einem nicht gefällt. Diese Definition pflegt zwar der aktuelle US-Präsident, doch ergibt dies schlicht keinen Sinn. Eine Meldung, die unsauber recherchiert wurde, eine provokative Überspitzung, falsch verknüpfte Zusammenhänge oder ein gar eine gänzlich falsche Meldung, von deren Richtigkeit der Redakteur aber überzeugt war (die klassische „Ente“) – all das sind keine Fake News.
Fake News sind gezielt gefälschte Meldungen, die im Stil von Nachrichten daherkommen, und die Absicht haben, den Leser zu lenken, sei es in eine politische Richtung oder zum Kauf eines Produktes. Ein wenig überraschend war der Befund (Horne & Adali, 2017), dass Fake News im Stil häufig einer Satire ähneln: Starke Überschriften, aber oft eher schwach geschriebene Artikel. Online zählt also die Überschrift, sie ist das Meinungsinstrument. Der Artikel wird eher seltener angeklickt, er wird so zur Nebensache.
Fake News sind kein neues Phänomen und erst recht kein Phänomen des Internets. Das Erfinden und Verbreiten gezielter Falschnachrichten zur politischen Propaganda hat eine lange Tradition. Wann wer zum ersten Mal einen Text oder ein Dokument fälschte, um die Menschen von der Legitimität seiner Position zu überzeugen, wird wohl abschließend nicht mehr zu klären sein. Ein schönes Beispiel ist aber die sogenannte. „Konstantinische Schenkung“, ein gefälschtes Dokument aus dem 9. Jahrhundert, mit dem belegt werden sollte, dass der römische Kaiser Konstantin I. um das Jahr 315 dem Papst und seinen Nachfolgern weitgehende Zugeständnisse in weltlicher und geistlicher Macht machte.
Die Päpste nutzten die Urkunde, um ihre Vormacht in der Christenheit und territoriale Ansprüche zu begründen. Zwar wurde die Fälschung bereits im 15. Jahrhundert nachgewiesen, die katholische Kirche behauptete jedoch bis ins 19. Jahrhundert, dass es die Schenkung trotz Fälschung gegeben habe. Und der bis heute bestehende Vatikanstaat spricht Bände darüber, welchen Einfluss diese Fake News entfaltete.
Wieso gerade jetzt?
Fake News sind bei weitem nicht immer so erfolgreich oder verbreiten sich gut. Dieses Schicksal teilen sie mit echten Nachrichten. Allerdings: Durch das Mehr an Fake News gegenüber echten Nachrichten ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine der gefälschten Meldungen „zündet“. Und wenn sie funktionieren, verbreiten sie sich online besser als echte Nachrichten.
Doch zunächst ein Blick darauf, warum das Thema mittlerweile so relevant ist: Fake News sind ein Machtfaktor. Dabei wissen wir nur, dass dieser Faktor größer geworden ist, letztlich aber nicht in welchem Ausmaß er wirklich wirkt.
Online-Nachrichten und Social Media sind bei Menschen, die jünger sind als 45 Jahre die Hauptnachrichtenquelle (Reuters Digital News Report, 2017) . Für Ältere ist dagegen das Fernsehen Informationsmedium Nummer 1. Bei den Sozialen Medien wiederum hat Facebook mit Abstand die größte Wirkmacht. Man kann das finden wie man will, aber es ist derzeit ein unumstößliches Faktum. Fast ist es schon so: Was auf Facebook nicht stattfindet, findet letztlich so gut wie nicht statt. Und Fake News gibt es dort definitiv: Während neun Monate vor der Wahl des aktuellen US-Präsidenten wahre Nachrichten noch viermal häufiger auf Facebook geliked und verbreitet wurden (12,4 Millionen zu 2,97 Millionen), überholten die Fake News die wahren News einen Monat vor der Wahl (7,4 Millionen zu 8,7 Millionen). (Buzzsumo, 2017)
Es gibt dabei keinen eindeutigen oder einfachen Grund, warum Fake News derzeit relevanter werden, sondern nur viele Erklärungsversuche. Informationen sind mittlerweile für jeden zugänglich, jederzeit und zu jedem …
Dr. Sebastian Bartoschek, Diplom-Psychologe, Gutachter bei familienrechtlichen Fragestellungen.