Die Dunkle Triade der Persönlichkeit in der Personalauswahl

Glaubt man so manchem selbst ernannten Profiler, der derzeit als Speaker durch die Lande zieht, dann wimmelt es in den Chefetagen geradezu von Psychopathen und Narzissten. Doch stimmt das? Und was steckt überhaupt hinter den Begriffen Psychopathie, Narzissmus und Machiavellismus, die auch unter dem Begriff „Dunkle Triade“ zusammengefasst werden?

Das Buch von Dominik Schwarzinger gibt einen umfassenden Einblick in die Forschung und die Verbreitung der Persönlichkeitsstörungen. So weiß man, dass es in der Bevölkerung etwa je ein bis zwei Prozent Narzissten und Psychopathen gibt. Mit drei Prozent sind Psychopathen bei Topmanagern deutlich häufiger vertreten, so eine ältere und belastbare Studie von anerkannten kanadischen Psychologen. Die Häufigkeit wird also vor allem von selbst ernannten Experten massiv überschätzt.

Dabei gilt Psychopathie als das destruktivste der drei Merkmale der Dunklen Triade, auch weil sie am stärksten genetisch und biologisch verankert ist. Die Ursache ist ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Hirnfunktionen und Neurotransmittern und betrifft vor allem die Emotionsverarbeitung und -regulation im Gehirn. Psychopathen sind nicht in der Lage, Emotionen in der gleichen Form wahrzunehmen und zu spüren wie andere. Sie haben daher auch Probleme, aus Fehlern zu lernen, weil sie das Leid aufgrund von Fehlern oder Strafe nicht spüren. Wer hohe psychopathische Ausprägungen hat, verfolgt fast zwangsläufig eine sozial aversive Lebensweise, bricht Regeln und nutzt andere aus. Das kann natürlich vor allem bei Führungskräften verheerende Auswirkungen haben. Auch bei Narzissmus geht man von etwa 50 Prozent erblichen Anteilen aus. Dagegen ist Machiavellismus stark von Umweltbedingungen geprägt.

Doch ein Psychopath oder Narzisst lässt sich nicht so einfach erkennen, wie es zahlreiche Medienberichte und vermeintliche Experten suggerieren. Die plakative Benutzung dieser Merkmale hält der Autor daher für falsch und problematisch. Denn wer einen Mitarbeiter nicht einstellt oder rauswirft, weil er angeblich ein Psychopath oder Narzisst ist, tut den Menschen schnell unrecht.

Das war auch ein Grund, warum Schwarzinger, der seit 2019 Professor im Fachbereich Psychologie der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin ist, zusammen mit Professor Heinz Schuler an der Universität Hohenheim das Verfahren Dark Triad of Personality at Work – kurz TOP – entwickelt hat. Denn ein wissenschaftlich seriöses Testverfahren für den Einsatz im beruflichen Kontext gab es bis dahin nicht. Der Test erfüllt die Testgütekriterien und erfüllt die Grundlagen der DIN 33430 (Anforderungen an berufsbezogene Eignungsdiagnostik), um in Personalprozessen eingesetzt zu werden. Entwickelt wurde er vor allem für die Personalauswahl, eingesetzt wird er aber auch häufig im Coaching und in der Personalentwicklung.

Durch den Abgleich mit der jeweils passenden Vergleichsstichprobe, wie etwa Führungskräften, lässt sich erkennen, ob die Merkmale einer Person über- oder unterausgeprägt sind. Bei der Psychopathie geht es dabei vor allem um die subklinische Ausprägung der entsprechenden Merkmale, wobei die oberen zehn bis 15 Prozent als problematisch gelten und bei einer Führungskraft meist mit negativen Auswirkungen auf ihre Mitarbeiter verbunden ist.

Das Buch bietet eine Fülle von Informationen und Forschungsergebnissen zur Dunklen Triade. Schwarzinger, der bis 2017 Projektleiter für internationale Recruiting-Prozesse bei HR Diagnostics war, beschreibt ausführlich die Entwicklung des Testverfahrens TOP und vermittelt auch Praktikern wertvolle Empfehlungen. Denn statt dem Unsinn selbst ernannter Profiler auf den Leim zu gehen, sollten Personalverantwortliche Verantwortung zeigen und auf belastbare, wissenschaftlich haltbare Ergebnisse setzen.

Bärbel Schwertfeger, Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE

Dominik Schwarzinger: Die Dunkle Triade der Persönlichkeit in der
Personalauswahl – Narzissmus,
Machiavellismus und subklinische
Psychopathie am Arbeitsplatz
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Göttingen: Hogrefe Verlag, Juli 2020, 34,95 Euro

 

Bärbel Schwertfeger ist Diplom-Psychologin, seit 1985 freie Journalistin und Chefredakteurin von WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE.

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